Nr. 6 - Warum Tierkommunikation kein Ersatz

für ein strukturiertes Training ist 

Die Katze hinterlässt zu viele Haare auf den Sitzpolstern, die andere kratzt an der Tapete. Der Hund zieht an der Leine und wirft Frauchen um oder bellt alles an, was nur in seine Richtung blickt…

In letzter Zeit häufen sich bei mir interessanter Weise die Anfragen, ob ich dem lieben Tier – sei es Hund, sei es Katze – nicht einfach `mal erklären könne, dass sein Mensch ein bestimmtes Verhalten absolut daneben findet und sich das Tier doch bitte so und so verhalten möge.

Ich muss dann immer schmunzeln… Wäre das nicht toll: Ich spreche mal eben flugs mit dem Tier und – schwupps – ist alles im Lot?! Wenn es doch nur so einfach wäre!

Tierkommunikation ist tatsächlich eine prima Methode, um herauszufinden, was in einem Tier vorgeht. Warum es sich in bestimmten Situationen auf die ein oder andere Weise verhält und welche Unterstützung es sich da von seinem Menschen wünschen würde. Ob es Schmerzen hat und weiß, was ihm helfen könnte. Wie es über das Zusammenleben mit seinem Menschen denkt und wie es nach den Vorstellungen des Tieres am liebsten sein sollte (aber Achtung: Bei solchen Fragen sollte man sich vorher gut überlegen, ob man die Antwort auch wirklich wissen möchte 😉).

Und ja: Ich kann Deinem Tier auch Dinge erklären und es so zum Beispiel auf einen Umzug oder den Urlaub vorbereiten. Ich habe Tieren auch schon ganz bestimmte Bewegungsabläufe beigebracht, die sie dann „in echt“ nachmachen konnten (siehe z. B. Kalb Paulinchen oder Kalbin Marina). Ich kann dem Tier während einer Tierkommunikation auch erklären, dass sein Mensch ein bestimmtes Verhalten nicht gutheißt, welches Verhalten sein Mensch stattdessen gerne sehen würde oder zum Beispiel auch gemeinsam mit dem Tier alternative Verhaltensweisen überlegen.

Häufig verhält sich das Tier dann tatsächlich eine Weile wie gewünscht, um es dem Menschen recht zu machen. Vor allem Hunde und Pferde. Auch mit einem Hahn hatte ich es schon zu tun, der sich eine Weile so verhalten hat, wie sein Mensch es gerne wollte – und auch einige Katzen haben nach dem Gespräch etwas mehr Rücksicht auf ihre Menschen genommen… Aber ebenso häufig verändert das Tier nach so einer Bitte eben auch nicht sein Verhalten - oder nicht dauerhaft.

Das kann verschiedene Gründe haben, zum Beispiel, weil das Tier das „Problem“ des Menschen nicht versteht, da es in seinen Augen kein Problem gibt oder die Bitte des Menschen, sich anders zu verhalten, für das Tier keinen Sinn ergibt. Eine Katze sagte mir beispielsweise einmal, sie verstehe nicht, dass ihre Haare auf den Möbeln auf einmal stören sollten, sie habe doch schon immer auf den Polstern gelegen und habe auch den Eindruck, dass ihr Mensch die gemeinsamen Kuschelrunden auf dem Sofa genießen würde. „Warum kann Frauchen dann nicht einfach eine Decke über die Polster legen, wenn es sie stört?“ Die Bitte, nicht mehr auf die Möbel zu gehen, war nicht nachvollziehbar für das Tier.

Obwohl Tiere meiner Erfahrung nach viel reflektierter und bewusster sind, als wir Menschen ihnen normalerweise zutrauen, handeln Tiere (und auch Menschen!) aber eben auch instinktiv und zeigen verstärkt Verhalten, das sich lohnt und gut anfühlt. Zum Beispiel, weil das Verhalten selbstbelohnend ist und Endorphine, also Glückshormone ausgeschüttet werden oder weil das Tier für ein bestimmtes Verhalten von seinem Menschen gelobt wird oder Leckerchen bekommt (positive Verstärkung). Auch das gemütliche Liegen auf den Polstern aus dem o. g. Fall fühlt sich für das Tier gut an – warum sollte es freiwillig davon ablassen? Auch Verhalten, das ein negatives Gefühl vermeiden hilft, wird verstärkt gezeigt. Man spricht hier von negativer Verstärkung, wobei „negativ“ nicht im Sinne von schlecht gemeint ist, sondern im Sinne von „etwas Unangenehmes entfernen“: Man tut etwas häufiger, weil etwas Unangenehmes dadurch beendet oder vermieden wird. Beispiel: Der Hund hat Angst vor fremden Menschen und hat gelernt, dass diese Abstand halten, wenn er nur ordentlich bellt und die Zähne zeigt.

Insbesondere in für das Tier aufregenden Situationen, weil es sich freut, vor etwas Angst hat oder einfach etwas spannend findet, also in Situationen mit hoher Erregungslage, „vergisst“ es, was sein Mensch sich für ein Verhalten gewünscht hat und handelt instinktiv nach den Mustern, die das Tier im Laufe seines Lebens als sinnvoll erfahren hat und/oder die sich in der jeweiligen Situation, im jeweiligen Moment gut anfühlen.

Es ist also unsere Aufgabe, die Verantwortung zu übernehmen und unseren Tieren durch ein strukturiertes, liebevolles und an die jeweiligen Fähigkeiten und Bedürfnisse angepasstes Training zu zeigen, welches Verhalten wir uns in welcher Situation von ihnen wünschen. Und zwar, bevor die Erregung zu stark ist und das Tier nicht mehr aufnahme- und lernfähig ist. 
„Training“ klingt etwas zäh und anstrengend, aber es darf Euch beiden Spaß machen und leicht sein, spielerisch. Und im Idealfall fühlt sich das erlernte (neue) Verhalten dann auch für unsere tierischen Begleiter richtig gut an! 

Ich sage es immer meinen Kund*innen und möchte hier auch noch einmal explizit darauf hinweisen: Tierkommunikation kann Dich und Dein Tier in vielen Situationen wirklich toll unterstützen, da Ihr beide zu Wort kommt und Dinge erklären, Eure Sichtweise darlegen und Wünsche äußern könnt. Im Idealfall versteht Ihr Euch besser, Eure Beziehung vertieft sich und wird harmonischer.
Tierkommunikation ersetzt aber NIEMALS ein strukturiertes und gewaltfreies Training. Das gilt nach meinen Erfahrungen vor allem für Pferde und Hunde – Katzen haben ja eh ihren eigenen Kopf 😉